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Puerto Iguazu, 15.2.07
Ein langer Weg nach Patagonien
Eine Fahrt ins Nichts
Cipolletti - keine Ahnung was wir in diesem Wuerstchendorf verloren haben,
aber hier sind wir nun. Die freundlichen Leute von der Info erlauben uns, auf
ihrem Land zu campen und so stellen wir unser neu erstandenes Zelt unter die
Tannen, haengen unsere Haengematte zwischen dieselbigen und warten zwei Tage
auf einen Bus, der uns aus diesem Zweienden-Staedtchen wieder wegbringt.
Unsere Argentinienreise ist von Anfang an gepraegt durch
Transportschwierigkeiten. Ganz im Gegensatz zu Bolivien sind die Busse hier
bequem, neu, schnell und zuverlaessig. Dafuer sind sie alle ausgebucht.
Waehrend wir noch ganz gut bis Salta kommen, wo wir den Jahreswechsel wie es
sich gehoert mit Wein und Steak feiern, so wird es ab Mendoza definitiv
problematisch. Ich wundere mich ja eigentlich ueberhaupt nicht, dass alle
Leute aus Mendoza fliehen. Obwohl als Hoehepunkt in unserem Reisefuehrer
empfohlen, kann ich dieser ganz normalen Stadt wenig abgewinnen. Der Wein
ist gut, dass muss man zugeben, aber da das Degustieren bei den Weinbauern
kostet, laesst sich der Wein-Cirquit auch nicht jeden Tag wiederholen... Die
Naechte sind heiss und mit offenem Fenster finden natuerlich auch ein paar
Summ-Summ-Viecher ihren Weg zu uns. Und wenn man nach einer Nacht im Bus auch
im Bett noch nicht schlafen kann, man dafuer noch gutes Geld hinlegt (die
Preise sind seit Lonely Planet 04 aufs Doppelte angestiegen), und die Stadt weder schoen, gemuetlich
noch fotogen ist, dann moechte man doch ganz gerne wieder einmal fort davon.
Aber alle anderen eben auch. Mit dem Beginn des Januars starten die
argentinischen Sommerferien - nicht der beste Zeitpunkt, um irgendwo hin zu
fahren. Wir buchen den einzigen Bus, der noch Plaetze hat in die Richtung,
die wir fahren wollen und landen nach zwoelf Stunden in Cipolletti - einem
kleinen Staedtchen suedlich der Pampa, dessen einzige Attraktion - der Rio
Negro - leider seit ein paar Wochen mehr Negro ist als Rio. So baden wir
halt nicht, sondern liegen nur in der Haengematte und
trinken einmal mehr ein Glaeschen Wein - man muss schaetzen, was das Land zu
bieten hat.
Gefiederte Freunde
Im an der Atlantikkueste gelegenen Puerto Madryn mieten wir uns fuer drei
Tage ein kleines Auto und geniessen unsere neu gewonnene Mobilitaet von
ganzem Herzen bis und nach ein paar Minuten das erste Auto ueberholt. Kurz
darauf folgt das zweite und spaetestens nach dem dritten realisieren wir,
dass auch Autofahren in Argentinien anstrenged ist. Verkehrsregeln scheinen
nicht fuer den freien argentinischen Geist geschaffen zu sein, der eher
danach strebt, das eigene Ego mit moeglichst knappen Ueberholmanoevern unter
Beweis zu stellen. Kein Wunder fehlt dem durchschnittlichen Fahrzeug hier
entweder Vorder-, Ruecklicht oder die ganze Motorhaube. Unser Mietwaegelchen
schafft es zum Glueck ohne Kratzer und belohnt wird die Autofahrt nicht
dutzend-, sondern gleich hunderttausendfach. Eine halbe Million
Magellanpinguine kommen jedes Jahr ins Reservat Punta Tombo zum Brueten und
so watscheln Tausende dieser schwarzweissen Kerle durch die Gegend, gerade
zurueck vom Fischen oder auf dem Weg dazu. Der Anblick ist definitiv eine
Autofahrt Wert und wohl auch noch ein paar Busfahrten dazu. In einer
kleinen Bucht versammelt sich stets eine Horde der Frackvoegel und wartet,
ich weiss nicht auf was, Flut, Ebbe, Sonnenschein oder auf Mut, sich den
Kueken zu stellen. Hier warten auch wir und schauen den Gezeiten und den
Tieren bei ihren taeglichen Ritualen zu. Und als uns ein paar Voegel in
der untergehenden Sonne mit ihren Fluegelflossen zuwinken, uns ein paar
andere hoeflich den Vortritt lassen an der Pinguin-Wegkreuzung und ein paar
dritte uns einen Begruessungs-Schnueffel verpassen, da freuen wir uns,
endlich in Argentinien angekommen zu sein.
Das grosse Eis
Kaum eingelebt verlassen wir Argentinien auch schon wieder. Nach drei
weiteren Busfahrten durch die endlosen, menschenlosen und baumlosen Ebenen
Patagoniens treffen wir im charakterlosen El Calafate wieder auf den Schnee
und das Eis der Anden. Wir absolvieren etwas halbherzig die obligatorische
Perito Moreno Gletscher-Tour und staunen wie es sich gehoert vorallem ueber
das Getoese der hinunterkrachenden Eisbloecke. Dann aber nehmen wir wieder
einmal einen Bus, ueber die Grenze, und freuen uns nun auf zwei bus- und
autolose Wochen: Natur pur mit riesigen Gletscher, kuriosen Bergen und
eiskalten Seen. Es geht auf nach Chilenisch Patagonien!
Steak und Tango
Kaum in Argentinien angekommen, müssen wir uns bereits wieder mit Verbindungsproblemen befassen. Bald schon stehen wir am Strassenrand und versuchen trotz patagonischem Sturm einen freundlichen Eindruck auf die vorbeiziehenden Autofahrer zu machen. Als ein grosser (aber noch unbeladener) Lastwagen anhält und uns mitnimmt, macht die Operation plötzlich so richtig Spass und aus unserem Führerhaeuschen winken wir frech den draussen wartenden argentinischen Autostoepplern zu. Wir sind nicht die einzigen mit Transportschwierigkeiten. Bariloche ist ein schweizerisch angehauchter Touristenort am See, dessen Charme definitiv ausserhalb der Boutiques-gesäumten Strassen liegt. Wir verweilen nicht länger, sondern machen uns auf nach Buenos Aires, zurück an den atlantischen Ozean. In Buenos Aires angekommen, machen wir uns einmal mehr auf die Suche danach, weshalb alle anderen, die wir treffen, von Argentinien schwärmen. Ein saftiges Steak im beliebten Steakhaus, eine romantische Tangoshow im berühmten Café Tortoni, ein gut besuchter Antiquitaetenmarkt im alten San Telmo und ein gemischter Salat im trendigen Florida. Es ist zahlbar, gemuetlich und immer schoenes Wetter. Aber es entspricht uns nicht wirklich. Also beschliessen wir, als wir auf dem Platz hinter unserem Hostel einen Pfirsichsaft schlürfen und einem Pärchen beim Tango zuschauen, dass wir nun genug kulinarisches Sightseeing betrieben haben und planen unseren nächsten Stopp bei einem ganz besonderen Stückchen Natur.
Das grosse Wasser
Die circa achtzehnstuendige Fahrt nach Puerto Iguassu ist nicht laenger als gewohnt, aber viel bequemer. Der vorgesehene Bus scheint einen Defekt erlitten zu haben und so werden wir mit einer Stunde Verspaetung mit einem „full cama“ Bus abgeholt. Dies bedeutet viel Platz und einen vollstaendig umwandelbaren Sitz in eine waagrechte Liegeflaeche. So ausgeruht machen wir uns noch am Ankunftstag auf, die argentinische Seite der Iguassu-Wasserfälle zu bewundern. Nachdem wir uns seit Tagen auf das Spektakel gefreut haben, erscheint uns, was wir durch die Baeume sehen, nicht besonders beeindruckend. Erst als wir am spaeten Nachmittag oben am Teufelsschlund stehen und ins rauschende gelbweisse Nichts hinunterblicken, bleibt auch uns verwoehnten Geistern der Mund offen stehen. Dies ist ein Wasserfall!! Weil es so schoen war und wir noch nicht ganz alles gesehen haben, kommen wir am nächsten Tag noch einmal. Wir spazieren zu einem kleinen Wasserfall und baden und lassen uns dann vom grossen Wasserfall nochmals beeindrucken. Am naechsten Morgen sucht Nico in seinen Pass seine letzte leere halbe Seite hervor für unseren allerletzten Stempel an der Grenze nach Brasilien.
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