China


Mengla, 29.6.05    


Auf der Suche nach der gelben Farbe (und einem bisschen blauen Himmel)


Chrrrrrt pffft. Ein altbekanntes Geraeusch gibt uns die Gewissheit, in China angekommen zu sein. Taxi to Beijing? 10 Schritte getan, sind wir bereits von mindestens 10 Leuten umgeben, die ihre Dienste anbieten. Das Laermometer erreicht erstmals den roten Bereich. Ach, wie ruhig war doch die mongolische Steppe. Doch die chinesische Betriebsamkeit hat auch ihre Vorteile. In Null-Komma-Nichts haben wir unsere erste koestliche Mahlzeit vor uns und stellen erleichtert fest, dass unsere Staebchenfertigkeit noch immer den hiesigen Anspruechen genuegt. Nach einem kurzen Stopp (zwecks Nachtruhe) in der naechstbesten Millionenstadt Hohhot reisen wir weiter nach Datong, ebenfalls zwei Millionen und ein paar mehr (Es ist keine Schande, wenn du jetzt den Atlas hervorholen musst.), wo die ersten Sehenswuerdigkeiten auf dem Plan stehen: ein haengendes Kloster, sowie die wahrscheinlich schoensten buddhistischen Hoehlen Chinas. Die Skulpturen zwischen 20mm und 20m wurden vor mehr als 1000 Jahren aus dem weichen Sandstein gehauen und haben trotz ihres Alters bis heute ihren erleuchteten Blick bewahrt. Wie weit sie damit noch sehen ist allerdings ungewiss, angesichts des benachbarten Kohlebergwerks. Obwohl Datongs Ruf unter Reisenden nicht gerade besonders zu sein scheint, gefaellt es uns in der Stadt recht gut und wir bleiben vier Naechte, bevor wir nach Peking weiterreisen. Hier treffen wir noch mehr Chinesen, dasselbe Wetter und deutlich weniger Chrrrrrt pffft an als vor drei Jahren. Wo wir gerade beim Vergleichen sind: Auch die Zugsfahrt (und ebenso die noch folgenden) verlief deutlich angenehmer als wir es Erinnerung hatten. Rauchen im Abteil scheint nun verboten und die Abfalleimer, die sich unter jeder Sitzbank finden lassen, scheinen fuer einen Grossteil der Chinesen vom Mysterium zum alltagstauglichen Gebrauchsgegenstand mutiert zu sein. (Jedenfalls mangels der in Bussen sehr beliebten Variante einfach alles zum Fenster hinauszuschmeissen.) Auch die Luft auf der Toilette vermag einem kaum mehr die Traenen in die Augen zu treiben und Beethovens Neunte, die in akkustischer Zeitlupe aus den Bordlautsprechern dudelt, versprueht einen Hauch von Suedsee-Romantik im Raum. Es fehlen nur noch ein paar Hula-Hopp-Reifen. Sogar der Herr Gegenueber scheint von der neuerlichen Atmosphaere derart betoert, dass er sich dreimal umschaut, bevor er schliesslich doch noch diskret unter die Bank spuckt. Chrrrrrt pffft. Sicherlich gibt es noch Raum fuer Verbesserungen, aber bis 2008 ist ja noch drei Jahre hin. Jedenfalls kommen wir ziemlich erholt in der Olympiastadt an.
Ein Hoehepunkt hier ist wiederum ein Besuch auf der Grossen Mauer. Dieses Mal besuchen wir den Abschnitt bei Huanghua. Obwohl er offiziell geschlossen ist, schafft es eine alte Frau mit viel Geschrei und seltsamen Luftspruengen, uns vier Yuan Eintritt abzuknoepfen. Halb so wild, haben wir doch die ganze Mauer fuer uns allein. Wir wandern und klettern ostwaerts, bis sich die broeckelnde Mauer nach ca. drei Stunden und 600 Hoehenmetern vollends im Wald verliert. Wir uebernachten mit dem Schlafsack in einem Wachtturm und haben sogar ein kleines Lagerfeuer. Trotz suboptimalem Wetter (viel viel Dunst) ein gelungener Ausflug. Ein Novum erwartet uns am naechsten Tag, als wir Peking zum ersten Mal frei von Dunst und Smog bei blauem Himmel erleben. Wir geniessen nochmals drei Tage bevor wir nach Shanghai weiterfahren. Hier ist ein Besuch im Shanghai Museum wirklich zu empfehlen und wer die Nerven hat, trotz modernder Socken und schimmelnder Hose im Harriot-Hotel, im 55. Stock eines der unzaehligen Hochhaeusern (bald wird auch das hoechste Haus der Welt in Shanghai stehen), vorbeizuschauen, wird mit einer eindruecklichen Aussicht belohnt. Den Kaffee fuer 60 Yuan haben wir dann allerding ausgelassen und haben uns stattdessen eine Kopie von Adobe Photoshop und ein anstaendiges chinesisches Nachtessen geleistet.
Am gelben Berg (12 Stunden von Shanghai) muessen wir ernsthaft um dessen Farbe bangen, als wir waehrend des Aufstiegs in einen heftigen Dauerregenschauer kommen. Und in der Tat, als wir am naechsten Morgen um 4 Uhr 50 einen Blick auf die Bergspitzen erhaschen, welche wunderbar aus dem Wolkenmeer herausragen, sind sie zwar sehr schoen anzusehen, aber alle grau wie Stein. Wir vermuten, dass die namensgebende Farbe wohl schon vor langer Zeit talwaerts geflossen sein muss, was uns angesichts der hier tobenden Unwetter auch nicht verwundert. So nass wie am Vortag sind wir wohl seit unserer Geburt nicht mehr gewesen. Der Abstieg verlaueft dann im Wesentlichen trocken und beschert uns manch eine Aussicht, die wir beim Aufstieg kaum fuer moeglich gehalten haetten. Doch leider war dieser Regen wohl der Startschuss zur Regenzeit, oder zumindest zu regnerischen Zeiten. Auch in Yangshuo/Guilin, unserer naechsten Station (20 Sitzplatz-Zugstunden suedlich), bestimmen die Niederschlaege das Tagesprogramm und Dunst verschleiert die ansonsten wunderbare Aussicht. Dass man guenstig wohnt, realisiert man dann, wenn das Schluesseldepot ein Vielfaches des eigentlichen Zimmerpreises betraegt. Dies ist in Yangshuo der Fall. Das Zimmer ist zudem sehr angenehm, so dass wir trotz Regen und Hitze fuenf Naechte bleiben und zwischendurch eine Schlechtwetter/-Sehenswuerdigkeit, wie die Schilffloetenhoehle in Guilin (kitschig, touristisch, aber sehr beeindruckend) einbauen. Im nahegelegenen Pingan werden wir allmorgentlich um sechs durch die unter unserem Fenster durchgefuehrte Schweineschlacht-Prozedur geweckt. Beinahe so duester wie die Tagesprognose fuer das arme Schwein praesentiert sich auch das Wetter. Waehrend seltenen Momenten erhaschen wir einen Blick auf die spektakulaeren Reisterassen, die sich hier mehrere hundert Meter den Berg hinaufziehen. Den Rest kann man vergessen, so dass wir nicht ungluecklich sind, als wir die 27-stuendige Busfahrt nach Kunming (feilgeboten als 20-Stuender). Tage spaeter lesen wir von schweren Ueberschwemmungen in der Yangshuo-Region.
In der Hauptstadt der Provinz Yunnan auf ueber 1800 Metern ist es in der Tat angenehmer leben (das exzellente Fruehstuecksbuffet im Camellia Hotel ist unbedingt zu empfehlen) und wir verbringen beinahe vier volle Tage mit Regeneration und Reorganisation. Wir trennen uns von unnoetigem Gepaeck per Post (Landweg 2-3 Monate), und ergaenzen unsere Ausruestung um Sonnencreme und ein Moskitonetz. Halbwegs brauchbare Varianten letzterer Artikel finden wir erst im Walmart. Da chinesische Sonnencreme einem verspricht, weiss zu werden (Bleichmittel?) und sowieso nur im 75ml-Tuebchen in der Kombibox mit drei Zusatzlotionen (Neutralisation des Bleichmittels?) erhaeltlich ist, greifen wir auf die altbekannte (teure) Nivea zurueck (leider auch nur im Babypack). Das Visum fuer Laos erhalten wir ohne Probleme innerhalb dreier Tage (ca. 60 Franken fuer 30 Tage).
Die letzten drei Tage in China verbringen wir in Xishuangbanna. Hier gibt es Palmen, Kokosnuessen und Ananas, so suess wie die Aepfel im Paradies (25 Rappen das Stueck). Ansonsten gibt es wenig Hoehepunkte, aber immerhin ein paar nette Tempel und einen farbenpraechtigen Sonntags-Markt in Menghan. Bilder davon koennen wir leider noch keine praesentieren. Dafuer gibt es das China-Update noch vor der naechsten Krankenkassenpraemienerhoehung. Wir machen nun drei Wochen Ferien in Laos. Euch allen wuenschen wir ebenfalls einen schoenen Sommer. Prost!


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