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Ulan Bator, 22.5.05
Im Land der Kahne und Kamele
Am Bahnhof von Ulan Bator stellen wir fest, was wohl viele Reisende vor uns auch schon bemerkt haben: Das Backpacker-Leben ist einiges einfacher in der Mongolei als in Russland. Wir waehlen eines der vielen Hostel-Angebote aus, und die eifrige Besitzerin faehrt uns (gratis natuerlich) hin, gibt uns ihr bestes Zweier fuer 12 Franken und stellt uns (gratis natuerlich) Fruehstueck auf den Tisch. So gestaerkt und motiviert machen wir uns gleich auf den Weg zur ersten Sehenswuerdigkeit: Dem wunderschoenen Gandan-Kloster inmitten der Stadt. Hier verknipsen wir ein halbes Gigabyte und brennen darauf gleich ein paar CDs im naechsten Fotogeschaeft. Spaeter treffen wir Kim und Richard, zwei alte Bekannte aus Listvyanka (RU), die wir zwei Tage voraus geschickt haben, um das Tourenangebot in Ulan Bator zu pruefen. Wir einigen uns auf ein gemeinsames Neun-Tage-Programm "Gobi retour" - fuer 35 US pro
Person und Tag - Beginn am uebernaechsten Tag. Fuer den Zwischentag organisieren wir uns ein Auto mit Fahrer, das uns in den Terelj-Nationalpark bringt. Hier erleben wir zum ersten Mal die Steppenlandschaft der Mongolei, ueber welche wir die folgenden neun Tage holpern werden. Freiheit pur fuer alle 4-Beiner und 4-WD-Fahrer. Fuer unsere grosse Tour buchen wir uns einen Wuesten-Expeditionsspezialisten als Fahrer: Einer der etwa 150 Mongolen, die in den Irak-Krieg geschickt wurden, und somit der Staatskasse einen netten Zustupf beschert haben duerften. Er bringt unseren auesserlich unscheinbaren, aber erstaunlich leistungsfaehigen Minibus (Typ Soviet) nach jeder Panne in recht kurzer Zeit wieder in Fahrt. 1500 Kilometer legen wir darin zurueck. Strassen gibt es kaum, man folgt einfach den Reifenspuren, die ungefaehr in die richtige Richtung fuehren. Nur einmal stecken wir
orientierungslos in der Gobi fest. Waehrend wir vier OL-Laeufer den Kopf ueber der halbwegs zuverlaessigen Karte zusammenstecken, waehlen unsere Fuehrer den mongolischen Weg: frage einfach bei der naechsten Jurte nach. Der erste Tag unserer Tour bringt uns zu einer Nomadenfamilie, in deren Jurte wir uebernachten. Als gute Nomaden sind diese jedoch im Winter umgezogen und wir verbringen eine ganze Weile (im Zick-Zack durchs Gelaende) bis wir sie schliesslich hinter den sieben Grasbuescheln aufspueren. Am naechsten Tag suchen wir nach versteinerten Dinosaurier-Eiern (1 Bier fuer das erste verifizierbare Fundstueck) an dem Ort, wo andere Freunde der Schaufel schon ganze Skelette zu Tage gebracht haben, die heute im Naturhistorischen Museum von UB auf eindruckliche Weise einen Hauch von Kreidezeit verspruehen. Dann geht es weiter nach Yolin Am, eine Gegend, die beruehmt ist fuer ihr
ewiges Eis: Ein kleiner gefrorener Bach leistet hier der Wuesten-Sonne das ganze Jahr hindurch hartnaeckigen Widerstand. Wesentlich spektakulaerer als das eisige Rinnsal ist die Berglandschaft ringsherum, wo wir einen Tag bei schlechtem Wetter wandern. Einmal mehr sind wir froh, dass das Budget unserer Fuehrer es zulaesst, bei Regen auf das geplante Camping zu verzichten und uns in einer Jurte einzumieten, die sich mit Pferde-, Kuh-, und Kamelmist wunderbar beheizen laesst. Apropos Kuhfladen: Darin lassen sich auch bestens Steine erhitzen, welche im Kochtopf, in dem sich spaeter auch Gemuese und ein halbes Lamm (in Stuecken) einfinden, fuer die noetige Brathitze und das gewisse Aroma sorgen. Horhog heisst diese faekalische Spezialitaet, welche sehr beliebt und schmackhaft ist. Dazu gibt es eine Tasse mongolischen (= salzigen) Tee, an den wir uns bis zum Schluss nicht ganz gewoehnen
konnten. Highlight der Tour sind schliesslich die Khongor-Sandduenen im Sueden, wo wir fuer zwei Naechte die Zelte aufschlagen. Gemaess Lonely Planet und der hiesigen Tourismusbehoerde sind sie 800, gemaess unserer Einschaetzung ca. 400 Meter hoch. Fotogen sind sie allemal, zum Beispiel auch im Sandsturm, der uns oben ueberrascht und sowohl tolle Bilder, als auch bis heute nicht entfernbare Sandpartikel in unserer Kamera hinterlaesst. Einen bleibenden Eindruck hinterlassen auch die Kamele. Diese treuherzigen Trampeltiere tragen uns drei Stunden lang ueber Stock und Stein, durch Wasser und Sand, bis sie nicht mehr moegen, und wir jeden einzelnen Knochen zwischen Knie und Huefte spueren. An diesem Tag geniessen wir auch unsere einzige Dusche (leider vor dem schweisstreibenden Ritt) - die einzige Auslage, die nicht im Pauschalpreis inbegriffen ist. Ansonsten ist nicht nur alles
inklusive, sondern wir werden auch von A-Z bedient. In zwei Tagesetappen geht es nun wieder gegen Norden mit einer Uebernachtung in Saihan Ovoo, wo noch ein paar Ueberreste eines der vielen Kloester zu sehen sind, welche die kommunistische Aera nicht ueberstanden haben. Nicht nur fuer die alten Mauern eine sehr opferreiche Zeit, auch vielen der bewohnenden Moenchen erging es nicht besser. Kharkhorin ist unser letzter Halt - Die alte Hauptstadt, von wo aus Chinggis Khan dereinst die halbe Welt regiert hat (ein eindrueklicher Gedanke, wenn man heute von den umliegenden Huegeln auf das Paar-Tausend-Seelen Staedtchen hinunter blickt), bevor Kubilai Khan den Regierungssitz in ein anderes Staedtchen verlegte - heute bekannt unter dem Namen Peking. Von der Klosteranlage Erdene Zuu stehen nur noch wenige Gebaeude plus die 108 Stupas welche die Anlage ummauern. Aber gerade dies ist typisch
Mongolei: Sowie es mitten in Ulan Bator Jurten gibt, so trifft man auch im Klosterbau auf Steppengras und weidende Pferde. Die Weite des Landes ist auf jeden Fall etwas, das uns in Erinnerung bleiben wird.
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